Neue Sportschifffahrtsverordnung: Staat will Führerscheinwesen privatisieren – Deutscher Segler-Verband warnt vor Qualitätsverlust

Stand: 28.10.2025 · Einschätzung von Dipl.-Ing. (FH) Peter Wörner, Radio Offshore

Das Bundesministerium für Verkehr plant eine komplette Neuordnung der Sportschifffahrt in Deutschland. Der bisherige amtliche Sportbootführerschein soll in dieser Form abgeschafft werden. Künftig könnten private Verbände eigene Scheine ausstellen, die dann vom Ministerium lediglich anerkannt werden. Der Deutsche Segler-Verband (DSV) warnt vor Rechtsunsicherheit, Qualitätsverlust – und ganz konkret vor Chaos für alle, die ein Boot fahren wollen.

Was der Staat mit der neuen Sportschifffahrtsverordnung erreichen will

Laut Referentenentwurf des Bundesverkehrsministeriums soll die neue Sportschifffahrtsverordnung mehrere bestehende Verordnungen zusammenfassen und „modernisieren“. Zentraler Punkt: Die klassische Struktur mit amtlicher Fahrerlaubnis, amtlicher Prüfung und staatlicher Aufsicht wird aufgebrochen.

  • Der amtliche Sportbootführerschein in seiner bisherigen Form soll abgelöst werden.
  • Prüfungen sollen nicht mehr zwingend von beliehenen Verbänden unter staatlicher Aufsicht abgenommen werden.
  • Stattdessen können private Wassersportverbände eigene „Verbandsscheine“ ausstellen. Diese Scheine sollen als Fahrerlaubnis reichen.
  • Das Ministerium erkennt diese Scheine an – befristet und widerruflich.
  • Die bisherige hoheitliche Führerschein-Struktur würde also faktisch privatisiert.
  • Begründung des Ministeriums: Bürokratie abbauen, Verfahren vereinfachen, Kosten für Bürger senken.

Vereinfacht gesagt: Der Staat sagt, wir brauchen keinen „amtlichen Sportbootführerschein“ mehr. Es reicht, wenn ein Verband bescheinigt, dass jemand fahren darf – und der Verbandsschein wird dann zeitweise anerkannt.

Warum der Deutsche Segler-Verband vor diesem Modell warnt

Der Deutsche Segler-Verband (DSV) kritisiert den Entwurf massiv. In seiner Stellungnahme vom 25.10.2025 spricht der Verband von einer rechtlich fragwürdigen Konstruktion, die weder verhältnismäßig noch zielführend sei.

  • Der Staat ziehe sich aus einer hoheitlichen Aufgabe zurück (Prüfung, Fahrerlaubniserteilung), ohne eine klare, rechtssichere Form der Beleihung oder Kontrolle zu behalten.
  • Die neuen Verbandsscheine sollen nur befristet anerkannt werden. Für Bürger bedeutet das Unsicherheit: Gilt mein Schein nächstes Jahr noch?
  • Es droht laut DSV ein Qualitätsverlust bei Ausbildung und Prüfung – bis hin zu Preisdumping („billig bestehen statt sauber ausbilden“).
  • Weniger Prüfungsorte im Binnenland: Viele bekannte Regionen wie Bodensee oder Chiemsee wären so nicht mehr abgedeckt, weil Prüfungen nur noch auf Bundeswasserstraßen stattfinden sollen.
  • Wiederholungsprüfungen könnten deutlich langsamer gehen (nicht mehr „morgen nochmal antreten“, sondern Wartezeiten von mehreren Wochen).
  • Neue medizinische Nachweise/Tauglichkeitskriterien bedeuten mehr Aufwand für die Teilnehmer – obwohl diese Vorgaben teilweise sogar strenger wären als im Kfz-Bereich.

Der DSV warnt außerdem davor, dass der einheitliche, in Deutschland ausgestellte Sportbootführerschein international anerkannt ist – während ein befristeter privater Verbandsschein im Ausland ganz anders bewertet werden kann.

Was bedeutet das für Charter, Skipper & Freizeitfahrer?

Wer heute ein Boot chartert – ob an der Küste oder auf Binnengewässern – zeigt seinen Sportbootführerschein vor, fertig. Der Schein ist klar geregelt, er ist amtlich und er wird weltweit oft problemlos akzeptiert.

Genau diese Klarheit steht jetzt zur Diskussion. Wenn es künftig mehrere verschiedene private Scheine gibt, die nur zeitweise anerkannt sind, stellt sich die Frage: Welcher Schein gilt wo? Gilt er noch, wenn die Anerkennung des Verbandes vom Ministerium widerrufen wird?

Auch denkbar: Du hast gerade bestanden, aber dein Verband verliert später die Anerkennung. Was passiert dann mit deinem „Führerschein“? Genau an dieser Stelle sagt der DSV: Das wird für Bürgerinnen und Bürger unsicher.

Einschätzung aus der Ausbildungspraxis (Peter Wörner, Radio Offshore)

Ich begleite seit vielen Jahren Teilnehmer bis in die Prüfung. Mir geht es nicht um Formulare, mir geht es um Sicherheit – und um Fairness gegenüber den Leuten, die hinter dem Steuer eines Bootes Verantwortung tragen.

Wenn wir die amtliche Struktur auflösen und alles dem Markt überlassen, dann passiert Folgendes: Leute kaufen irgendwann „irgendeinen“ Schein, wissen aber nicht mehr, ob dieser international anerkannt ist, ob ihre Versicherung den akzeptiert oder ob sie bei einer Kontrolle auf dem Wasser plötzlich diskutieren müssen. Das kann keiner wollen.

Fazit

Das Ministerium verkauft den Entwurf als Bürokratieabbau und Modernisierung. Der DSV nennt ihn rechtlich zweifelhaft, unnötig riskant und unnötig kompliziert für die Bürger.

Fakt ist: Diese Reform wäre ein echter Systemwechsel. Weg von „ein amtlicher Führerschein, überall verständlich“ hin zu „mehrere private Scheine, befristet anerkannt“. Genau hier entscheidet sich, ob wir am Ende wirklich weniger Bürokratie haben – oder viel mehr Unsicherheit auf dem Wasser.

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Peter Woerner Chef Radio Offshore
Praxisstarker Dozent für amtliche Funkzeugnisse (SRC, UBI, LRC). Präsenzkurs mit echten Funkanlagen & DSV-Prüfung am Wochenende.